Workshop-Leitung: Claudio Schär / Kursteilnehmerin: Verena Bodmer-Jakob
Vor einem Jahr habe ich die Ukulele entdeckt. Violine oder Flöte lassen kein gleichzeitiges Singen zu. Doch eine Ukulele macht beides zugleich möglich. Dank nahem Körperkontakt zum Instrument verändert sich die Singstimme. Sie wird gestützt und tönt voller. Mir gefallen zudem die warmen und dezenten Klänge der Ukulele und deren leicht zu erlernende Handhabung.
Gedanklich auf der Suche nach sinnvollem Ferieninhalt, lande ich unwillkürlich bei den Tönen. Auf der Suche nach neuem Wissen, wird mir auch sofort klar, dass ich beim Anblick all der Werkzeuge in Vaters Kellerwerkstatt keine Ahnung habe, welches Werkzeug wozu gebraucht wird. Einmal wöchentlich im Wald mit einer Kindergruppe unterwegs zu sein, erfordert einen wachen Geist, der auf die Interessen der Kinder eingeht. Bestimmt gibt es noch vieles zu den Bäumen zu erfahren, denke ich. Alles neu Erlernte macht mir Freude, weil ich davon auch wieder an mein Umfeld abgeben kann. Toll also, wenn aus all diesen Gebieten Neues dazukommt.
Der beflügelnde Gedanke, in den Ferien eine eigene Tenorukulele zu bauen, treibt mich voran, als ich mich in die Homepage von Schär Gitarrenbau vertiefe. Mit Meistern vom Fach etwas zu erbauen, in einer Schweizer Region, in ihrem wunderschönen Dialekt erklärt, eine grossartige Vorstellung!
Ich entscheide mich für die Gitarrenbauer Schär in Andeer, weil mich ihre Offenheit, Gastfreundschaft und Kompetenz bereits aus ihrer Homepage heraus ansprechen.
Ganz zu Beginn steht das Schlüsselerlebnis aus meiner Kindheit:
Vor vielen Jahren, als unser Schulabschluss-Event uns an die Ufer der Aare führte, sass die ganze Klasse um ein sommerabendliches Lagerfeuer herum, um auf diese Weise von den gemeinsam verbrachten Schuljahren Abschied zu nehmen. Unser Lehrer hatte ein kleines, feines Instrument, einen Banjo, dabei. Diesem kleinen Ding entlockte er sensationell schöne Töne, die unser „Lustig ist das Zigeunerleben“, „An den Ufern des Mexico River“, „Das alte Haus von Rocky Docky“ und viele weitere Songs wundervoll begleitete. Die Stimmung war extrem schön. Ich fragte mich von Zeit zu Zeit: Wie lässt sich dies wiederholen?
Ich baue meine eigene Ukulele, ein handliches, kleines Instrument, gut zu transportieren, rasch einsatzbereit, wohlklingend. Das Projekt ist mit fünf Tagen überschaubar.
Das Eintauchen in eine komplett andere, anregende und inspirierende Welt mit eigenem Tempo, das sich nicht beschleunigen lässt, setzt einen gesunden Gegenpol zum Alltag.
Der Werdegang meiner Ukulele wird in der Werkstatt so sorgfältig weiter begleitet wie im Vorfeld die Planung zur Auswahl des Holzes, des Griffbretts und der Mechanik. Claudio erklärt mir vor der Ausführung jeden Arbeitsschritt und jedes benötigte Werkzeug. Ich darf auf einem Probeholz austesten, bevor es ernst gilt. Besonders Spass macht mir die filigrane Anfertigung des Inlays um das Schallloch herum. Ich baue Perlmutt ein. Dieses Material trug meine Mutter an den Wintermantelknöpfen, die ich als Kind so sehr bewunderte.
Mit einem winzig kleinen Hobel fahre ich über die hellen Holzstäbchen, die in Boden und Decke eingebaut werden und deren sorgfältige Bearbeitung für den guten Klang wichtig ist. Fürs Griffbrett kommt ein sehr grosser Hobel zum Einsatz, dessen Handhabung wieder ganz anders ist. Wie sich die grösseren Elemente aussägen lassen, mit welchen Zangen oder Haltern die geleimten Stücke zusammengepresst werden oder was es mit der Körnung der Schmirgelpapiere auf sich hat, all das und tausend andere Dinge erfahre ich von Claudio während der Arbeit.
Die sehr genaue Arbeitsweise und das kritische Auge des Meisters lassen keine Querkratzer auf den Holzoberflächen zu. Alle werden ausgemerzt, weil der Lack dann unerbittlich alles verstärkt zeigen würde. Ich empfinde das ausdauernde Arbeiten und Dranbleiben als lustvoll, weil Claudio jeweils genau im richtigen Moment unterstützt und mithilft, um dem guten Resultat näher zu kommen. Die Atmosphäre in der Werkstatt ist sehr angenehm. Jede Person arbeitet intensiv am eigenen Instrument, findet aber auch Zeit, bei den andern über die Schultern zu gucken und den dortigen Verlauf zu betrachten und sich an der Entwicklung mitzufreuen.
Für mich ist das absolute Highlight des Workshops der erste erklingende Ton auf meinem neuen Instrument. Und wie herrlich es tönt, noch viel schöner als ich es mir erträumt habe. Meine im Vorfeld aufgestellten Erwartungen werden vollends übertroffen. Alle klatschen und stossen zum Ausklang des fünften Tages auf meine wunderschöne SuMo-Fichten-/Padukholz-Ukulele an. Das Gefühl ist fast noch schöner als an Weihnachten.
Herzlichen Dank an Claudio, Werni und Cecilia Schär für die tolle Zeit in eurem schmucken Refugium und kleinen Paradies. Herzliche Grüsse! Verena